Freundschaften sind nicht immer für die Ewigkeit. Doch was ist wirklich der Grund für den Bruch? Stephanie Huber, Konfliktmanagerin und Mediatorin, erklärt, wie wir Freundschaften beenden können, ohne uns in Schuldzuweisungen zu verlieren.
In einer Freundschaft läuft nicht immer alles rund. Es gibt unzählige Gründe, warum eine Freundschaft zerbrechen kann: Es kann zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Freunden kommen. Die jeweiligen Werte können genauso wie die Sichtweisen auseinander driften. Jede Person entwickelt sich in unterschiedlicher Weise und im eigenen Tempo und irgendwann merkt man, dass es nicht mehr passt.
Vielleicht verfolgt man nicht mehr wie früher gemeinsame Ziele oder versteht einander nicht mehr. Oder das Gegenüber tut etwas, das die Freundschaft so schwer belastet, dass sie zwangsläufig zerbrechen muss. - Danach leiden die einstigen Freunde nicht selten und trauern der Beziehung hinterher. Oder sie bleiben wütend, enttäuscht oder traurig zurück.
Als Konfliktmanagerin und Mediatorin höre ich bei meiner Arbeit viele Gründe, warum Menschen nicht mehr „miteinander können“. Warum gekündigt wird oder warum eine Freundschaft beendet werden „muss“. Dennoch behaupte ich, dass nicht der Grund die Ursache für den Bruch ist, sondern das, was hinter dem Grund steht.
Ein Grund ist die Basis oder ein Fundament für etwas. Oder anders beschrieben: Ein Grund basiert auf einem Ereignis, welches eine Handlung oder ein darauffolgendes Ereignis hervorruft. Ein Grund wird genannt um zu erklären, warum man etwas tut. Gründe werden immer gefunden und oftmals werden sie als Erklärung oder Rechtfertigung benutzt.
Stephanie Huber ist Gründerin und Geschäftsführerin der konSENSation GmbH. Sie arbeitet als Mediatorin mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement und hilft Firmen und Führungskräften, das Betriebsklima zu verbessern.
Welche Gründe kann es geben eine Freundschaft zu beenden?
Mögliche Gründe für ein Beziehungsende zu finden ist in aller Regel nicht schwer: Ein Betrug zum Beispiel wäre eine Möglichkeit oder toxisches Verhalten, oder gar Lügen oder der Freund gibt sich ganz einfach keine Mühe mehr, sondern hält alles einfach nur noch für selbstverständlich.
Je nach Grund, sollte man souverän reagieren. Nehmen wir das Beispiel: Der Freund hält alles nur noch für selbstverständlich und gibt sich keine Mühe mehr. Das ärgert Sie so sehr, dass Sie an dem Punkt sind, die Beziehung beenden zu wollen. Der beste Rat, den ich Ihnen geben kann ist, die Beziehung nicht im Affekt, also hoch emotional und vielleicht sogar mit lauten Worten oder mit Beleidigungen zu beenden. Viel souveräner ist es, dem Freund in einem ruhigen aber klaren und zielorientierten Gespräch zu erklären, dass die Freundschaft für Sie so nicht mehr passt und Sie sich deshalb per sofort zurückziehen werden.
Diese Variante würde dem Freund und Ihnen die Möglichkeit geben über die Angelegenheit nachzudenken und ggf. das eigene Verhalten zu ändern. Danach gibt es dann vielleicht die Möglichkeit sich wieder in irgendeiner Art und Weise zu begegnen. Wenn allerdings erst einmal das ganze Porzellan zerschlagen ist, dann gibt es in der Regel keine Hoffnung mehr für eine spätere Annäherung. Sondern oftmals werden dadurch sogar Freunde zu Feinden.
Damit sind wir bei einer weiteren Möglichkeit: Beziehungspausen gibt es nicht nur in Liebesbeziehungen, sondern auch bei Freundschaften sind sie empfehlenswert. Einfach einmal eine einvernehmliche Pause einlegen. In Ruhe und mit Abstand auf die Situation zu blicken, führt oftmals zu souveräneren Lösungen.
Auf den richtigen Fokus kommt es an
Denn immer dann, wenn wir uns auf das konzentrieren, was nicht gut läuft, was falsch ist und was geändert gehört, dann haben wir „nur“ eine einseitige Perspektive. Dann sehen wir nicht das Ganze, sondern meistens nur einen (kleinen) Teil. Und leider erkennen wir dann vorrangig nur den Anteil, also den Grund, was das Gegenüber falsch gemacht hat. Unseren Eigenanteil erkennen wir erfahrungsgemäß erst dann, wenn wir zur Ruhe kommen oder nicht mehr nur beim Anderen hinschauen.
Auch deshalb ist es ein guter Rat erst einmal eine Pause zu vereinbaren. Abstand zu gewinnen und die Entscheidung später zu treffen. Nämlich dann, wenn die eigenen Emotionen wieder zulassen, klar und souverän zu agieren. Das ist dann auch der Zeitpunkt wo der „Grund – oder das, was der Andere falsch gemacht hat oder verbrochen hat“ nicht mehr im Vordergrund steht, sondern wo Sie bereit sind, sich selbst auf eine sozialverträgliche Art und Weise wichtiger zu nehmen.
Und darum geht es im Leben: Auf sich selbst zu achten, ohne dabei egoistisch zu sein. Sich selbst und die eigenen Gefühle wichtiger zu nehmen. Eigenverantwortung übernehmen und sich klar werden, was man wirklich möchte, anstatt herum zu eiern und unklare Signale zu senden.
Gründe werden oftmals genannt, um die Schuld einer anderen Person in die Schuhe zu schieben. Oftmals haben sogar die gegensätzlichen Parteien „gute“ Gründe für ihr Handeln und Denken. Nicht jeden Grund kann und muss man nachvollziehen und verstehen können. In solchen Fällen ist es hilfreich, sich selbst oder noch besser den Gegenüber zu fragen, welche Motivation ihn dazu bringt so zu handeln wie er es tut, bzw. welche Motivation er hat, um so zu denken.
Lernen Sie hinter die aufgeführten Gründe zu blicken
Nicht jede Situation im Leben ist eindeutig. Manchmal braucht es längeres Nachdenken um drauf zu kommen, was sich hinter dem aufgeführten Grund verbirgt. Ein guter Tipp ist auch die Analogien des Lebens zu lesen und somit Eigenverantwortung zu übernehmen. Wird stattdessen nur das Gegenüber beschuldigt, dann zeigt das im Grunde nur, dass die Verantwortung abgeschoben wird, damit man eine eigene Entschuldigung für sein Verhalten hat. Dabei geht es nur um die eigenen Gefühle.
Fakt ist: Wir entscheiden ALLE so gut, wie wir es können. In der Regel wollen wir weder mit unserem Verhalten, noch mit dem Grund, den wir finden oder aussprechen, dem Gegenüber schaden, doch nicht immer gelingt es uns zur Zufriedenheit.
Doch genau da sind wir bei dem wichtigsten Punkt: Immer dann, wenn wir Gründe suchen, sind wir nicht zufrieden mit dem was ist. Dann sind wir im Widerstand und kämpfen gegen etwas an. Ein Kampf ist nie gut, besser ist es einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten annehmbar ist.
Es ist übrigens ganz einfach herauszufinden, ob die Freundschaft weitergeführt werden soll
Wenn man erkennt, dass die Freundschaft mehr Leid, Belastung und/ oder Stress verursacht als wahre Freude, dann ist das ein deutliches Indiz dafür, dass es nicht mehr rund läuft. Um das zu erkennen, haben Sie Ihr ureigenes und intelligentes System, nämlich Ihre Gefühle.
Stellen Sie sich folgende Fragen, dann erkennen Sie, welchen Stellenwert die Freundschaft für Sie aktuell hat:
- Was fühlen Sie, wenn Sie an die Freundin oder den Freund denken? Fühlen Sie sich gut oder mies?
- Haben Sie Lust auf ein Treffen mit der betreffenden Person?
Wenn sie abwehrend reagieren oder sich schlecht fühlen, wenn Sie an die Person oder ein Treffen denken, dann haben Sie Grund die Beziehung zu überdenken. Dann, wenn Ihre Gefühle Sie warnen, dann dürfen Sie reflektieren und ergründen, warum dieses Gefühl auftaucht. Will es Sie warnen?
Finden Sie den Grund, warum Sie so reagieren und suchen Sie nicht den Grund, was die andere Partei falsch gemacht hat. Konzentrieren Sie sich auf sich selbst. Denn dort liegt Ihre Lösung – wenn es Ihnen „wieder“ gut geht, dann haben Sie es geschafft.
Fazit: Wir brauchen keine Schuldzuweisungen und Gründe, um eine Freundschaft zu beenden. Wir brauchen jedoch eine klare Entscheidung und eine wertschätzende Kommunikation, wenn wir nicht nur verbrannte Erde hinterlassen möchten.
Achtung, jetzt kommt eine sehr wichtige Anmerkung: Das Leben stellt uns vor Aufgaben. Wir entscheiden, ob wir aus den Situationen des Lebens lernen oder eben nur davonlaufen, ohne etwas dabei gelernt zu haben. Wir treffen die jeweilige Entscheidung und darum geht es: Nicht nur auf den jeweiligen Grund, der die Beziehung beendet, zu reagieren, sondern möglichst souverän und eigenverantwortlich. Das heißt: nicht im Affekt die Beziehung beenden, sondern die Lernaufgabe zu klären, die das Leben in diesem Moment an uns stellt.
Was so viel heißt, wie Klarheit in die Situation zu bringen und sich nicht hinter Gründen zu verstecken und einen grundlosen Schlussstrich unter die Freundschaft zu ziehen. Dafür wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen viel Erfolg!